Texnackt

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Model, Dirk Wesenbach, besser bekannt als Tex Rubinowitz, deutscher Zeichner, Reisejournalist, Schriftsteller und Cartoonist für Zeitungen wie z.B. Falter, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeichnung oder Der Standard, war für sechs Monate Comic-Lehrbeauftragter an der Kunstuniversität Linz und untermalt meine karikaturhafte Aktskizzentrilogie selbst wie folgt:

 Nackt unter Studenten

Es heißt ja, dass wir nackt geboren worden sind, aber das kann niemand beweisen, weil wir uns selbst nicht daran erinnern können und wir uns auch den größten Teil unserer Leben bekleidet sehen, also ist angezogen der Normalzustand, das Natürliche, nackt ist man für sich und kurzen Momenten, in denen einen der Körper auch fragend anschaut: „Kennen wir uns von irgendwoher?“

Als ich Kunst studiert habe, das war 1984 in Wien, aber auch nur eine Woche, dann musste ich aufhören, ich hatte mich einfach gelangweilt und hab bezweifelt, ob man Kunst überhaupt lernen kann, egal, da musste ich auch einmal einen Aktzeichenkurs besuchen, und war geschockt, wie in Schockstarre, eine unglaublich schöne Frau saß vor mir, und die sollte ich zeichnen, ich war nicht mehr ganz jung, aber ein Spätstarter, ich hatte eine nackte Frau noch nicht gesehen vorher, außer meine Mutter, die immer nackt zuhause rumlief um mich zu provozieren, ich war so schüchtern, dass ich das Model von den Füßen her malte, zuerst von unten nach oben beginnend, weil ich ihren Blick nicht ertragen hätte, ich bildete mir ein, er sei vorwurfsvoll: „Was starrst du mich so an?“, also ich oben am Papierende angekommen war, war kein Platz mehr für ihren Kopf und die Stunde aus.

Als ich in Linz unterrichtet habe, kam ich spontan auf die Idee am Ende meines Semesters in der benachbarten Aktklasse Model zu stehen, und weil ich so ein ambivalentes Verhältnis zu meinem Körper habe, das als eine Art Konfrontationstherapie zu betrachten.

Natürlich traute ich mich nicht, einfach so dazustehen, und möglicherweise den Studenten in die Augen zu schauen, mein vorwurfsvoller Blick, warum sie mich denn so anstarren müssen, der gar nicht vorwurfsvoll wäre, sondern schüchtern, und diese Schüchternheit hätten die Studenten gesehen, dem geht’s nicht gut, der fühlt sich nicht wohl, also schauen wir auch weg und schauen ihm nicht in die Augen, und deshalb hab ich meine Schuhe anbehalten, dass ich nicht komplett nackt bin, und ich hab eine Lesung gehalten, aus meinem letzten Buch etwas gelesen, eine Nacktlesung, weil ich dachte, ok, dann ist alles nicht so peinlich still, und sie vergessen mich zu scannen, und zu zeichnen, wofür ich mich schäme.

Und tatsächlich: so war es dann auch, die meisten haben sich auf mein Gesicht konzentriert, das Buch und die haltenden Hände, als würde mein nackter Körper nicht stattfinden, weil ich ihn nicht stattfinden lassen wollte.

Nur Lenneke de Boer hat beides gemacht, Körper und Lesung, auch dargestellt in meinem übergroßen Mund, der vermutlich meine Mitteilsamkeit abbilden soll, meine Geschwätzigkeit, ein tolerantes, ja liebevolles Abbild, vielleicht hat sie ein besseres Körpergefühl, auch anderen Körpern gegenüber, und Texte sind Teile des Körpers, nur eben in einem anderen Aggregatszustand.

 

M a t e r i a l :

Fineliner auf A3 -Papier

2014